Erwartungen

Geschrieben von Berthold Glauer-Voß | Veröffentlicht in Schlei.Journal | am

Ich kann doch wohl erwarten, dass mein Mann mich im Haushalt mehr unterstützt! Oder beim Einkauf an meine Lieblingsschokolade denkt! Oder mir selbstverständlich anbietet, mich zum Vorstellungsgespräch zu fahren, weil ich sowieso schon davor aufgeregt genug bin!
Pustekuchen. Er macht es nicht. Das bringt mich auf die Palme. Darf ich keine Erwartungen haben?

Sie dürfen Erwartungen an Ihren Mann haben. Schließlich handelt es sich um eine exklusive Partnerschaft, die sich von anderen Beziehungen und Bindungen unterscheidet. Es wäre aber gut, wenn sie nicht daran verzweifeln, wenn Ihr Mann Ihnen nicht alle Wünsche von den Lippen abliest. Häufig brauchen Partner darin Unterstützung, weil sie nicht hellsehen können und nicht alleine auf die Idee kommen, an die Schokolade oder an einen Fahrdienst zu denken. Und einige Partner sind „schwerfälliger“ und lernen nur durch viele Wiederholungen und direkte freundliche Ansprachen, wie zum Beispiel: „Ich wünsche mir von Dir, dass Du an meine Lieblingsschokolade denkst“, oder sie brauchen direkte Bitten: „Ich bin sehr aufgeregt. Kannst Du es bitte einrichten, mich zum Vorstellungsgespräch zu fahren?“ Ähnlich ist es auch beim Thema Haushalt.
Generell die Haltung: „Ich kann doch wohl erwarten, dass Du …!“ führt in vielen Fällen in die Sackgasse, denn Partner sollten nicht davon ausgehen, dass der oder die PartnerIn weiß, was der/die andere braucht, sich wünscht und wonach sie/er sich sehnt. Selbst dann, wenn man schon sehr lange zusammen ist. Auch wenn Erwartungen begründet sind, führen sie stimmungsmäßig dazu, dass man sich von den Menschen abhängig fühlt, von denen man etwas erwartet. Denn diese müssen ja die Handlung vollbringen, die man sich so sehr wünscht. Man selbst hat also keinen Einfluss auf das Ergebnis, da ja immer der andere zur Zielerfüllung handeln muss. Dadurch können Erwartungen auch eine Beziehung vergiften: Nicht ausreichend kommunizierte, stillschweigende Bedürfnisse und falsche Erwartungen zu haben, ist gefährlich, weil sie einen schnell in die Opferrolle bringen können, da man sein Glück davon abhängig macht, dass der Adressat die Erwartungen erfüllt. Dies führt zu Passivität, Ohnmachtsgefühlen und macht einen auch abhängig vom Verhalten des Anderen.